NaturMetropole Blog
Wie starke Marken Krisen besser meistern
29. Dezember 2020 | Am Graubünden Tourismustag vom vergangenen Oktober in Pontresina wollte die Branche Antworten finden auf die Frage «Wie meistert der Bündner Tourismus die ‘neue Normalität’?». Ich hatte mich darauf gefreut, in Pontresina darüber zu sprechen, «was eine starke Marke in der Krise kann». Der Anlass musste – wie viele andere auch – Corona-bedingt abgesagt werden. An der Aktualität der Frage hat sich allerdings nichts verändert. Die Antwort fällt vordergründig ernüchternd aus: Marken können in der Krise nicht mehr aber auch nicht weniger als in «normalen» Zeiten. Was aber können starke Marken besser als die Konkurrenz, was zeichnet sie aus? Ein paar Stichworte und Beispiele dazu. Beständigkeit: Coca Cola löscht seit über 130 Jahren mit der gleichen Formel in nahezu unverändertem Design den Durst von Generationen. Orientierung: Im Supermarkt-Regal mit Schoko-Riegeln in dutzenden Variationen und Geschmacksrichtungen gibt mir Mars die Gewissheit, bei «Arbeit, Sport und Spiel mobil» zu bleiben. Differenzierung: Die Ketchup-Tube von Heinz steht bewusst auf dem Kopf und hebt sich dadurch von allen anderen Ketchup-Marken ab – Die Verpackung macht den Unterschied. Identifikation: Mit dem Kauf einer Freitag-Tasche bekenne ich mich zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und bin Teil einer Community. Erfolg: starke Marken wie Apple erzielen für ihre Aktionäre höhere Gewinne und machen ihre Kunden zu Fans. Und schliesslich, Vertrauen: der Dieselskandal des deutschen Autobauers VW konnte dem Vertrauen der Bevölkerung in die Marke nichts anhaben. Im jüngsten Ranking der vertrauenswürdigsten Automarken steht VW jedenfalls mit grossem Abstand vor Daimler und BMW auf dem ersten Platz.
Man mag nun einwenden, dass die aufgeführten Beispiele allesamt an Konsumgütermarken festgemacht sind und der Vergleich mit einer Tourismusregion hinkt. Überprüfen wir die Aussagen deshalb an der Regionenmarke graubünden. Seit bald 20 Jahren tritt graubünden mit dem gleichen Logo und stilisiertem Steinbock unverkennbar und einprägsam auf. In der Wahrnehmung von Herr und Frau Schweizer ist graubünden die mit Abstand bekannteste Ferienregion, die zudem hohe Vertrautheit geniesst. Die Markenwerte «wahr», «wohltuend» und «weitsichtig» schaffen nach innen Identifikation und bieten Gästen und Kunden Orientierung, auch über den Tourismus hinaus. Die Kommunikation der Region im Markt schliesslich unterscheidet sich dank den sprechenden Steinböcken Gian und Giachen unkopierbar von jeder anderen Tourismuswerbung. Die Zahlen: Die Bündner Hotel- und Kurbetriebe verzeichneten von Januar bis August 2020 bei den Übernachtungen aus dem Heimmarkt trotz Lockdown ein Plus von 3.5 Prozent gegenüber der starken Vergleichsperiode des Vorjahres. Auf alle Herkunftsmärkte bezogen musste zwar auch Graubünden in der gleichen Periode einen empfindlichen Rückgang von 13 Prozent hinnehmen – gerade mal halb soviel, wie die nächstplatzierte Region (Wallis).
Alles im grünen Bereich, also? Mitnichten, wie uns die aktuelle Situation vor Augen führt. Und dennoch gibt es Anlass zur Zuversicht. Innovative Gastgeberinnen und Leistungsträger, kreative Angebote und Produkte, emotionale, qualitativ hochstehende Erlebnisse, eine bewusste Pflege bestehender Gäste- und Kundensegmente sowie die konsistente, langfristige Markenführung machen graubünden zu einer widerstandsfähigen Marke, die auch in der Krise Stärke beweist.